Dienstag, 2. Dezember 2014

Wachsen...

Einfach mal so heute, ich möchte nur berichten, auch für mich selbst schriftlich festhalten, was mir die letzten Wochen so aufgefallen ist. Irgendwie einen Weg finden, diese tiefen, schwer in Worte zu fassenden Gefühle, für mich und andere nachvollziehbar niederzuschreiben- und die eigentliche Schönheit und Tiefe dahinter, für die ich so dankbar bin, diese erleben zu dürfen, festzuhalten.

Mein großes schwarzes Einhorn ist mittlerweile 2,5 Jahre alt- zumindest biologisch. Bezogen auf seine geistige, auf seine psychische Entwicklung ist Dexter seinem kalendarischen Alter weit vorraus- dass war schon immer so, der "kleine Erwachsene". Erinnerte mich damals stark an mich selber, meine Kindheit, meine Jugend. Eine Eigenschaft, entstanden aus der Not, weil es in gewisser Weise überlebensnotwendig war. Dexter ist da nicht viel anders- genau genommen, nichtmal ein bisschen. Mit einem Unterschied. Sein Umfeld jetzt ist förderlich für ihn, jetzt hat er Halt und Sicherheit durch seine Herde, und seinen Menschen. 


Im Moment erlebe ich ganz stark eine weitere, kognitive Veränderung in ihm, den Zugewinn von mentaler Stärke, das Reifen seiner Psyche. Dexter zeigte schon immer ein hohes Maß an Selbstverständlichkeit, ich hätte nicht gedacht, dass dieses Maß nach oben hin noch weiter ausbaubar ist. Kleinigkeiten, die mir auffallen. Wir gehen spazieren, und Dexter ist mit einem Ohr bei mir, mit dem anderen achtet er auf den Rest der Herde hinter ihm. Wirkliches Vertrauen, in Situationen, die durchaus hätten brenzlig werden können. Ein fahrender Traktor hinter uns oder direkt an uns vorbei, berührt ihm kaum, sofern man ihm sagt und vermittelt, dass der gute Mann hinterm Lenkrad nur seine Arbeit machen möchte- und wir davon in keinster Weise betroffen sind. Worte genügen.


"Kämpfe" beim Spazierengehen bleiben aus- schon länger, im Gegenteil. Ich habe eher das Gefühl, so weniger man auf ihn einwirkt, desto "besser" funktioniert es. 2,5 jähriger Norikerwallach, gefühlte 700kg. Keine Machtkämpfe. Im Moment gehen wir mit Sidepull vor die Türe, aus der Erfahrung heraus hab ich mir schon unbewusst angewöhnt, nur noch mit einer Hand zu führen, wobei Führen das falsche Wort ist, eher halte ich die Zügel. Hin und wieder lege ich ihm diese über den Hals, halte meine Hand nur neben den Zügel, aber eingreifen muss ich nicht. Er achtet ungemein auf mich, weiß, dass ich manchmal mit meinen geschundenen Füßen und lädierten Knieen nicht so schnell kann, passt sich meinem Tempo an, bleibt stehen, wenn es sein muss, argiert neben mir völlig selbstverständlich, ohne dass ich viel sagen oder machen müsste...Ich bin so unfassbar stolz auf ihn! 


Wir werden versuchen, dass langsam auszubauen. Rausgehen zu können, ohne ihn in irgendeiner Form "führen" zu müssen, weil dies nicht mehr nötig ist. Ansätze davon, durfte ich vor einem Jahr schon erleben. Ich bin mir sicher, dass das mit ihm Möglich ist, und ich freu mich, auf unseren weiteren Weg.


Hin und wieder merkte ich, dass er gerne laufen würde, über Felder galoppieren. Der Wunsch, dass Gefühl von Freiheit zu erleben. Den Wunsch teile ich mit ihm.

Er unternimmt nicht den Versuch, ich spüre nur den Wunsch danach neben mir wachsen. Leider ist dass nicht realisierbar- weder kann ich so schnell laufen, noch würde der Bauer das begrüßen. Ohne Worte, ohne Gesten versteht er, akzeptiert den Zustand, ohne aufkommende Frustration oder Enttäuschung. Im Gegenteil, er scheint in einer stillen Art zufrieden darüber, dass sein Wunsch gehört und verstanden wurde. Dexters Meinung nach ist nichts wichtiger.


Im Durchaus matschigen Offenstall habe ich Probleme mich zu bewegen. Auch dass, ist ihm aufgefallen. Er geht mit mir, langsam, achtet darauf, dass auch ich, mit meinen schlecht-sitzenden "Menschenhufen" mitkomme, bleibt ggf. stehen oder erlaubt mir, mich an ihm festzuhalten, und mich dann so aus dem Matsch zu ziehen. Unabhängig davon, ob zwischen uns noch ein Zaun ist oder nicht. "Du passt auf mich auf- und ich auch auf dich." ganz selbstverständlich für ihn. Keine demütige Dankbarkeit, sondern ganz selbstverständlich.


Hin und wieder "spielt" er dann doch noch, was mich sehr freut. Lässt sich leicht zurückfallen, um dann mit dem Blick zu mir, und einen amüsierten Blick in den Augen zu mir aufzutraben. "Weißt du noch?". So haben wir das vor einiger Zeit, die mir vorkommt wie eine Ewigkeit, geübt. Dafür gibts dann immer noch Kekse, einfach nur so, für diese charmante Art, an unseren Weg zu erinnern.


Mein kleiner, großer Erwachsener. Mein dickes Pony mit so viel Fell und noch mehr Herz! 



Jetzt lese ich nochmal, was ich geschrieben habe, um festzustellen, dass es bei weitem nicht die Tiefe erreicht, die ich in solch kleinen Momenten empfinde- die wir empfinden. Aber ich denke, ihr versteht mich dennoch, trotzdem. Manche Dinge kann man vielleicht wirklich nicht in  Worte fassen, sondern nur spüren- da unsere Sprache für eine solch Tiefe nicht ausgelegt ist.

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