Freitag, 26. September 2014

Danke!

Meine Bücherkisten mit alten und neueren Pferdebüchern quillt immer noch über, stehen in der Ecke und langsam nagt der Zahn der Zeit an den ersten, sie vergilben, setzen Staub an. Mit Dexter und entsprechenden Pflegeutensilien, Futtermitteln und dergleichen, zog vor einiger Zeit noch viel vermeintliche "Fachliteratur" bei mir ein. Ich war überfordert, suchte Hilfe und Ratschläge in Büchern, mit Titeln wie "Was tun mit dem jungen Pferd?" "Fohlen: Vom Absetzer bis zum ersten Reiten", "Jungpferdeerziehung"...Die Liste ließ sich bis ins unendliche fortsetzen. 

Irgendwie war es immer schon so, selbst in Zeiten von tiefster Unsicherheit, das dass, was ich da zu lesen bekam, weder mit meinem Pferd, noch mit meinem inneren Gefühl übereinstimmte. Ich las von Funktionalität, von Respekt und von Durchsetzen, vom Erreichen von Zielen, dem richtigen Longieren und vielleicht auch dem richtigen Anreiten. 
Raum für Individualität ist kaum gegeben- gewisse Dinge "müssen" beherrscht werden, und funktionieren...

Müssen sie wirklich? Im Laufe meiner Entwicklung mit Dexter, landeten immer mehr dieser Bücher in den Karton, indem sie heute ihr dasein fristen. Ich wollte kein Pferd, dass "gehorcht", weil es dass muss. Ich wollte kein Pferd, dass aus vermeintlichen Respekt- eher latenter Angst, tut, was ich gerne hätte.

Seitdem ich Dexter habe, bin ich auf kein anderes Pferd mehr mit ernsthaften Reitabsichten gestiegen. Es erschien mir einfach nicht richtig, wenn ich schon Zeit im Stall/ auf der Wiese verbringe, die nicht mit meinem Pferd zu verbringen. Nach nunmehr fast 2 Jahren, mit den Füßen auf den Boden der Tatsachen und meinem Pferd an meiner Seite statt unter mir, sehe ich einiges, nein, alles, anders als zuvor.

Es gibt nicht die Methode. Methodik ist in meinen Augen nur ein Mittel, eigene Unsicherheit und vor allem eigene emotionale Unzulänglichkeit hinter einem Tarnmantel aus Wissen zu verdecken. Reiten, ist nicht das "große Ziel des Ganzen". Es geht nicht um stupide Funktionalität der Sache Pferd- es geht um viel tiefere Gefühle.

Ein Team zu werden und zu bleiben, füreinander da zu sein, auch in Phasen, wo weder Mensch noch Pferd augenscheinlich in irgendeiner Form "funktionieren". Miteinander Schmerzen, Unlust, Motivation und Freude zu teilen, sich den Bedürfnissen des anderen anpassen- mitleben und mitfühlen, und nicht die menschlichen Ansprüche und Wünsche über die des Tieres zu stellen.


Dass wollte ich nicht. Ich wollte einen Freund, einen Kumpel, mit eigenen Gefühlen und dem Grundvertrauen, diese Gefühle und Bedürfnisse auch mitzuteilen, einen Freund, auf den ich mich in schwierigen Situationen verlassen kann, aber nicht, weil er sonst mit Konsequenzen fürchten muss. Einen Kumpel, mit eigener Meinung, eigenen Werten und einen eigenen Kopf, der nicht stupide macht, was ich anbiete, sondern eigene Ideen entwickelt und zeigt, der mit Motivation neue Dinge lernt und ausprobiert- aber eben nicht, weil er das Gefühl hat, das er dass muss.


Einen Weg der eigenen, individuellen Kommunikation mit einander zu finden- basierend auf Vertrauen und Liebe, der Grundbedingung für alles.

Ich bin so unendlich dankbar für all die Erfahrungen der knapp letzten beiden Jahren! Ich bin so unglaublich stolz, auf dass, was Dexter und auch Ich gelernt haben- und damit meine ich nicht synchron Rückwärts zu gehen. Ich bin so unglaublich dankbar dafür, Szenarien erlebt zu haben, wo all unsere Pferde bewiesen haben, dass sie füreinander da sind- und dass dieses füreinander vor uns keinen Halt macht. Momente, in denen unsere Pferde uns beschützt und verteidigt haben, Momente, in denen unsere Pferde klar zeigten, wie wichtig, und wie leicht und anders alles sein kann- wenn man sich nur gegenseitig zuhört.

Danke!

Insbesondere meinen persönlichen Dank an mein schwarzes Einhorn, meine alte Seele in einem (viel zu großen) Pferdekörper. Niemand von uns beiden hat hier jemanden gerettet. Sondern wir uns gegenseitig.

Mittwoch, 24. September 2014

Von Schmerz und Heilung

Am Sonntag habe ich mich trotz starker Schmerzen in meinem Knie auf den Weg zu meinem schwarzen Einhorn, meiner Seele auf vier Hufen, begeben. Schon Tage zuvor hatte ich mir Sorgen um ihn gemacht- schließlich bin und war ich nicht die einzige mit Schmerzen im Knie. 

Auf der Wiese angekommen machte ich es mir einige Zeit auf einer Decke bequem, streckte mein schmerzendes Bein von mir und beobachtete die Pferde. Dexter kam immer wieder auf mich zu, blieb vor mir stehen, schaute mich direkt an und "unterhielt sich" mit mir. Im Ernst, ich habe in meinem ganzen Leben noch kein Tier gesehen, welches mir entgegen getreten ist mit einer so lebhaften Mimik, nahezu Gestik. Seine warmen Augen strahlten Besorgnis aus, ein wildes Spiel der Ohren, wieder schaute er mich an, um sich zu vergewissern, ob ich verstanden hätte. Ich verstand nichts.

Dexter ist, was solche Dinge angeht, meist sehr geduldig mit mir. Alternativ ging er auf Johannes zu, exakt mit dem gleichen kommunikativen Ausdruck und Mitteln, und versuchte da, seine Nachricht an den Mann zu bringen- funktionierte auch nicht. Das ganze wiederholte sich dann mehrere Male, im Wechsel zwischen mir, und meinem Freund Johannes. Verstanden, hat an diesem Tag niemand von uns beiden etwas.

Das Szenario ließ mich nicht los, ich dachte lang und breit nach, was Dexter denn so dringlich und mit Nachdruck mitteilen wollte. Am Abend stieß ich auf die Lösung. Ich hatte mich, im stillen, mehrmals bei ihm entschuldigt, dass ich nicht da war, mich nach seinen Schmerzen erkundigt, und ihn gebeten, falls er meinen Schmerz spiegeln sollte, ihn doch bitte bei mir zu belassen. Dass war falsch.

Dexter wollte nur Mitteilen, dass ich mich weder entschuldigen, noch Sorgen müsste. Es wäre alles in bester Ordnung, und mit soviel Sorgen im Herzen würde niemand gesund werden. Zum Thema Schmerz entgegnete er nur, dass wir uns versprochen hätten, Schmerzen gemeinsam durchzustehen, egal ob seine oder meine.

Am nächsten Morgen war ich früh im Stall. Noch leicht verschlafende, aber unglaublich warme, liebende Pferdeaugen begrüßten mich, strahlten, schienen glücklich.

Seit exakt diesem Tag am Wochenende, geht es meinem Knie viel viel besser. Und auch Dexters überstrapazierte Bänder haben sich deutlich gebessert.

Klingt verrückt, ich weiß, entspricht aber der vollsten Wahrheit. Vor gar nicht so langer Zeit, hätte ich beim Lesen dieses Textes wahrscheinlich Psychopharmaka empfohlen. Aber was bedeutet jetzt noch die Zeit, die vor dem jetzigen "Wir" lag...

Mein Bester!